Zum kulturellen Reichtum der in der Oberlausitz lebenden slawischen Minderheit der Sorben gehören neben der einzigartigen Sprache eine Reihe von Traditionen und Bräuchen.
Ein beliebter jahrhundertealter Brauch ist die „Vogelhochzeit“, sorbisch: Ptači kwas. Nach dem Brauch laden die Vögel am 25. Januar jeden Jahres die Menschen zum Dank für die Winterfütterung zu ihrem „Hochzeitsfest“ ein.
In der Wittichenauer KRABAT-Grundschule sowie in den 3 Kindergärten der Stadt verkleiden sich die Kinder an diesem Tag als Vögel. Getreu dem Kinderlied „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ ist die Amsel die Braut und der Bräutigam ist eine Drossel. In der überlieferten sorbischen Tradition ist die Braut eine Elster (sorbisch: Sroka) und der Bräutigam ein Rabe (sorbisch: Hawron). Diese Abweichung liegt sicher an der Ähnlichkeit der Vögel. Zur Hochzeitsgesellschaft gehören weiterhin z. B. noch der Sperber als Hochzeitswerber, der Auerhahn als Kaplan, Meise, Kuckuck, Seidenschwanz, Marabu, Storch…. und viele andere Vögel.
Eine Besonderheit in sorbischsprachigen Kindereinrichtungen ist der sorbisch-katholische Brautzug, bei dem die Mädchen symbolisch die traditionelle, sorbische Hochzeitskleidung anlegen, die auch
Hochzeitsgäste einer „echten“ sorbischen Hochzeit tragen. Kunstvoll handgestickte Schleifen, edle Stoffe, Seidenbänder und perlenverzierter Kopfschmuck schmücken Braut, die Brautjungfern (Druschki), die Paten (Swonka) und alle anderen weiblichen Gäste. Der Bräutigam ist mit einem schwarzen Gehrock mit einem kleinen Myrthensträußchen am Rockaufschlag, einem schwarzen Zylinder und einer weißen Fliege bekleidet.
Eine sorbische Hochzeit wäre ohne Hochzeitsbitter (sorbisch: Braška) nicht denkbar. Er bereitet gemeinsam mit dem jungen Paar und deren Eltern die Festlichkeit vor, lädt die Gäste persönlich ein und leitet den Verlauf der Hochzeit. Erkennbar ist er an seinem schwarzen Zylinder mit bestickter Schleife, einem weißen Tuch in der linken Brusttasche und dem mit Bändern verziertem Stock. Wie bei jeder Hochzeit wird auch hier den ganzen Tag über gefeiert, getanzt und natürlich gut gegessen.
Zum Brauch gehört es auch, am Vorabend des 25. Januar einen Teller auf das Fensterbrett oder vor die Tür zu stellen, der am Morgen mit Teigvögeln, Vogelnestern, Baiservögeln oder andern extra für den Anlass von den Bäckern der Region hergestellten Köstlichkeiten gefüllt ist. Zur Tradition gehört auch, dass manch kleiner Nimmersatt, der wiederholt den Teller hinausstellt, zuletzt ein Stück Kohle bekommt.